"Von der Freundschaft" von Aristoteles
Das
freundschaftliche Verhalten zu Menschen, die uns nahestehen, und die
bekannten Wesensmerkmale der Freundschaft stammen, wie man annimmt, aus
dem Verhältnis des Menschen zu sich selbst. Denn als Freund gilt, (1)
wer das Gute oder was als solches erscheint, um der Person des Freundes
wünscht oder tut, oder (2) wer das Dasein und Leben des
Freundes um des Freundes willen wünscht, was mit dem Gefühl der Mutter
oder mit dem Gefühl von Freunden, die aneinandergeraten waren [was an
einer Freundschaft eine Verfeindung überdauert und auch inzwischen
weiterbesteht, kann als ihr Kern gelten]. (3) Andere erkennen als Freund
den, der das Leben mit uns teilt und (4) sich für dieselben Dinge
entscheidet wie wir, oder (5) den, der Leid und Freud mit dem Freunde
teilt. Durch eines dieser Merkmale also bestimmt man auch das Wesen der
Freundschaft.
Textauszug: Aristoteles: Nikomachische Ethink. Buch IX, Freundschaft. Reclam 2003.